Ich bin einer der ersten Gäste, der aufsteht. So mache ich mich bereit, belade den Scooter und finde glücklicherweise jemand, der mir das Tor öffnet, so dass ich ausfahren kann. Leider hat das iGo Navi keine brauchbare Route nach Plovdiv gefunden; es will unbedingt über die Autobahn, was mir gar nicht passt. So navigiere ich mit Google Maps. Die Fahrt führt mich an Seen entlang und dann in die Berge, mit hübschen Bergdörfchen und Strassen voller Flicken und Schlaglöchern. Aber es ist sehr angenehm. Das Wetter ist bedeckt, aber ohne Regen. In Dolna Banya muss ich auftanken. Danach werden die Strassen breiter und schneller, der Verkehr stärker. Entlang der Strasse hat es öfters Reben. Der Eingang von Plovdiv markiert ein Schild mit einer übergrossen Fahne. Viel zu früh komme ich im Ginger House Hostel an. Der Besitzer ist nicht da und sein Telefon ist tot. Ein Gast lässt mich herein, so dass ich das Motorrad abladen und die schwere Motorradkleidung ebenfalls dort lassen kann. Ich laufe ins Zentrum, genehmige mir einen Döner und eine Flasche Wasser, da läutet schon das Telefon und der Besitzer teilt mir mit, dass er zurückgekommen sei. Es gibt einen netten und raschen Check-In, dann plaudern wir noch etwas. In meinem Schlafsaal ist eine amerikanische Motorradfahrerin, Alee, die ihre Royal Enfield Himalayan aus den USA mitgebracht hat. Wir plaudern lange und laufen dann ins Stadtzentrum. Dort beginne ich meine Besichtigungstour, während Alee als digital nomad ihre Arbeit erledigen muss. Bei der Djumaya Moschee trennen wir uns. In der Touristeninformation werden mir die heute (Montag!) offenen Sehenswürdigkeiten auf der Karte markiert. Ich laufe erst zum Eingang des Tunnels unter der Altstadt, dann zum römischen Theater. Dort werde ich gratis eingelassen, weil ich nicht genug Bargeld dabei habe und der Kartenleser defekt ist. Danach Ritora-Haus und Besuch des Klianti-Hauses mit seinen prachtvollen Innenräumen und eigenartigen, sehr niedrigen Abstellkammern unter den Hauptsalons. Dann Lamartin-Haus, St. Constantin und Helena orthodoxe Kirche mit sehr dunklem Inneren (das ist jeweils dem Russ von den Kerzen geschuldet), frühe byzantinische Befestigungsmauer mit Fundamenten von rundem Turm, Stambolyan Haus, Georgi Danchov-Zografina Haus (18. Jhdt). Die hölzernen Häuser sind so gebaut, dass im oberen Teil Ausbuchtungen zur Strasse hin sind, so dass die Grundfläche der Zimmer grösser wird. Im Georgiadi-Haus befindet sich das regionale Geschichtsmuseum, auch dieses Haus mit prachtvollen Zimmern. Es wird der bulgarische Freiheitskampf thematisiert, mit vielen Fotos und wenig relevanten Exponaten. Inbesondere Vasil Levski (ein orthodoxer Mönch, der zum Rebell konvertierte) wird in einem Zimmer thematisiert. In diesem Haus ist interessant, dass es im Hauptsalon auf jedem Stockwerk eine Art „Tribüne“ hat, von der aus man kaffeetrinkend das Geschehen im Salon beobachten kann. Schliesslich noch erwähnenswert sind ein hebräisches Buch und eine Kanone aus Kirschbaumholz. Am Schluss besuche ich noch das Haus von Nikola Nedkovich (1863), das wesentlich moderner als die anderen Häuser eingerichtet ist, ganz im europäischen Stil der 1880er Jahre. Am Balabanov-Haus vorbei gelange ich ins moderne Plovdiv, wo ich in der „Billa“ noch für heute abend und morgen früh einkaufe. Dann kehre ich ins Hostel zurück.