Um sieben Uhr früh wäre ich abfahrbereit, aber ich muss noch die Türkei-Karte herunterladen, und das dauert ewig. Endlich ist es fertig – es ist unterdessen acht Uhr. Ich fahre ab, merke aber bald, dass Osmand spinnt und muss auf Herewego wechseln. Doch dieses zeigt eine viel zu lange Route an. Die Fahrt verläuft wieder einmal durch schöne, kurvige Bergstrassen. Es ist nicht allzu heiss hier, doch sobald ich wieder ins Tiefland komme, wird es auch wieder heiss. Mit dem Tanken warte ich bis zur Grenze – nur um festzustellen, dass die sonst üblichen Tankstellen vor der Grenze gänzlich fehlen. Ich google die nächste Tankstelle auf – ein paar Kilometer entfernt – und fahre hin, um mit meinen letzten Leva den fast ganz leeren Tank wieder aufzufüllen. Die Zollstelle wirkt verlassen, die Zollformalitäten nach Griechenland sind rasch und problemlos. Jetzt folgt eine Fahrt auf einer menschenleeren vierspurigen griechischen Schnellstrasse (sie weist leider schon erste Zerfallserscheinungen auf). Neben der Autobahn scheint ein Polizeieinsatz im Gange zu sein, zumindest springen ein paar Bewaffnete aus Geländewagen und die blaue Minna folgt. In Kastanies stehen schon ein paar wenige Autos am Zoll, scheinen aber die Papiere nicht in Ordnung zu haben. Als ich im Schatten Schutz vor der Hitze suche, lässt mich ein freundlicher Zöllner vorgehen. Nach ein paar Kilometern Niemandsland kommt der türkische Zoll. Hier muss ich mich an die Reihenfolge halten. Die Passkontrolle ist rasch erledigt – ich kann mit der ID einreisen. Die Zollkontrolle erschöpft sich mit einem kurzen Blick in die Reisetasche. Als ich beim Scanning anstehe, erklärt mir der zuständige Beamte, dass ich nicht scannen muss und ich kann, wohl zum Aerger der wartenden Autofahrer, das Zollamt verlassen. Gleich hinter dem Zoll fangen die Aussenbezirke von Edirne an. Ich fahre zu meiner Unterkunft, der „Limon Pansiyon“, wo ich zu meiner Ueberraschung nicht nur ein schönes Zimmer kriege (ich habe nur ein Etagenbett gebucht), sondern auch noch den Scooter in den Innenhof stellen darf. In der Saraclar Caddesi kaufe ich mir einen Dürüm mit Ayran – umgerechnet drei Franken, dann erkunde ich die Stadt: Eski Camii (mit beeindruckendem Interieur), Üc Serefeli Camii, grosse Synagoge (1909), kürzlich hervorragend restauriert aber sichtlich nicht mehr für Gottesdienste benutzt, die kleine Lari Camii mit ihrem gläsernen Rundgang, und schliesslich der grosse Bazaar mit seinen unzähligen kleinen Läden, die Berge von Süssigkeiten, Gewürzen, Kleidern und Kosmetika anbieten. Nun ist es mir nicht mehr möglich, weiterzulaufen. Ich kehre ins Hostel zurück, lege den Fuss hoch und lasse ihn etwas versurren. Lange plaudere ich mit August aus Norwegen, der hier auf einer Fahrradtour ist. Schliesslich glaube ich mich wieder fit genug, um noch die Kervan Saray zu besuchen. Heute ist der Komplex ein Hotel und etwas überrenoviert. Ich kaufe mir noch ein Nachtessen ein (man kann ja schliesslich nicht zweimal am Tag Fleisch essen) und kehre ins Hostel zurück, wo ich den riesigen Topf Joghurt mit etwas Brot esse und Ayran dazu trinke.