Ich wache etwas zu spät auf und muss mich dementsprechend beeilen. Der Supermarkt ist noch geschlossen, so dass ich keinen Joghurt zum Morgenessen habe. Es regnet, als ich abfahre, und ich fahre immer schön in die Regenwolken hinein. Die Landschaft ist zwar ein Gebirge, aber dieses besteht aus baumbewachsenen Hügeln, nicht aus schroffen Felswänden. Die Besiedlung beschränkt sich auf den Strassenrand. Die ganze Strecke kann ich auf der D100 bleiben, eine Landstrasse, die eher eine vierspurige Autobahn ist, wären da nicht von Zeit zu Zeit Traktoren oder vereinzelte Velotouristen. Ich fahre konstant 80, obwohl es viel schneller ginge. Es ist so kalt, dass ich die gefütterten Handschuhe anziehen muss. Kurz vor Tosya kann ich das Regenzeug ausziehen und einpacken, obwohl die Regenwolken nach wie vor mit Niederschlag drohen. Aber momentan regnet es nicht. In Tosya suche ich mir auf Google Maps ein Hotel im Stadtzentrum aus, fahre dorthin und wie ich es mir gedacht habe, ist dies die Hotelmeile und ich komme für meine budgetierten 500 TRY im Hotel Ekmekciler (Hotel Bäcker) unter (direkt am Hauptplatz), wo ich ein fensterloses, aber sehr gepflegtes Zimmer mit Bad kriege. Hier in Tosya ist es auch wieder etwas wärmer. Ich gehe heute zum ersten Mal ohne Stock aus. In einem Dönerladen ganz in der Nähe kriege ich für 80 TRY einen grossen Dürüm. Mir fällt auf, dass es hier in der Stadt viele Motorräder mit Seitenwagen gibt, auch Honda Innovas mit ganz offensichtlich genau dafür passenden Seitenwagen. Zudem scheint jemand ganz viele russische Ish-Motorräder mit Seitenwagen verkauft zu haben, die Stadt ist voll davon. Als ich in einer Seitenstrasse ein lautes Gedudel höre, folge ich dem Klang und finde einen Trommler und einen Dudler (es ist eine Art Vuvuzela), die vor einem Haus spielen. Dann besuche ich die Abdürrezzak Camii (1987) und die Markthalle zwischen der Hükümet und Rihtimboyu Caddesi. Ein Waffengeschäft verkauft offenbar automatische Feuerwaffen und hat diese im Schaufenster (ohne Panzerglas) ausgestellt. Nun laufe ich die 100. Yil Caddesi hinunter, entlang dem Sturmwasserkanal, um den die Stadt Tosya gebaut ist. Ich gelange zum Osmanu Parki, einem etwas verlotterten Freizeitpark zwischen dem Sturmwasserkanal und einer belebten Strasse. Das künstliche Bächlein in der Mitte des Parks ist längst nicht mehr in Betrieb und der Teich katastrophal vermüllt. Die Papierkörbe sind unpraktisch, denn es sind Drahtgitterkörbe in der Form einer Milchkanne, wohl schwierig zu leeren und die kleinen Sachen fallen einfach wieder heraus. Nun muss ich noch fürs morgige Frühstück und Leim einkaufen, denn mein USB-Ladegerät ist zerbrochen. Da es gerade heftig regnet, suche ich Zuflucht im Hotelzimmer. Dann laufe zurück in die Altstadt, wo ich die alten Häuser, leider meist in sehr verlottertem Zustand, bestaune. Sie gleichen denen in Plovdiv. Ich besuche die Mer’as-i Abdurrahman Pasa Moschee, welche hoch am Hang steht. Auf dem Markt hat ein Bauer seinen Topas mit Knoblauch gefüllt und findet offenbar reissenden Absatz. Nun laufe ich auf die westliche Anhöhe, just in dem Zeitpunkt, als die Sonne kurz durch die Regenwolken scheint und die Stadt in ein goldenes Licht taucht.