15.08.2024 Yeghegnadzor-Goris-Tatev-Yeghegnadzor

Ich fahre früh los. Hier in Yeghegnadzor ist es warm und sonnig. Je näher ich dem Vorotan Pass komme, desto kälter wird es. Auf der anderen Seite des Passes hängen die Nebelwolken tief. Es nieselt. Ich fahre trotzdem zügig Richtung Goris. Die Kälte kriecht in die Kleider. Die Strasse ist teilweise ausgezeichnet, teilweise ratternder Flickenteppich mit Schlaglöchern. Und steil ist die Strasse, die schweren Lastwagen schaffen die Steigungen fast nicht und die Kamaz blasen schwarze Dieselwolken in die Luft. Als ich in Goris ankomme, regnet es heftig. Ich fahre ins Zentrum, hole mir eine warme Käsesamoosa zum Aufwärmen, stelle den Töff im Zentrum kurz ab. Es hat hier einen kleinen Eiffelturm, weshalb ist unklar. Ansonsten hat es nicht viele Leute, schliesslich ist das Wetter scheusslich. Ueber eine Schotterstrecke – Piste kann man nicht sagen, weil der Schotter einfach hingeworfen wurde – fahre ich zu den mittelalterlichen Höhlenwohnungen, die hinter dem Friedhof sind. Aehnlich wie in Kappadokien hat es hier Türmchen aus Gestein, in welche die Höhlenwohnungen gehauen wurden. Angesichts des scheusslichen Wetters und der Tatsache, dass alles voller Kuhmist ist, der sich gerade zu verflüssigen beginnt, verzichte ich auf eine Besichtigung. Ich hoppere über den Schotter zurück (das ist in Armenien eine vollständig reparierte Strasse: Teerbelag entfernt, Kofferung entfernt, losen Schotter aufgeschüttet. Weitergearbeitet wird nicht mehr daran). Da der Regen zunimmt, mag ich nicht länger hierbleiben und fahre aus der Stadt raus. Bei einem kleinen Café am Wegrand halte ich. Die rührende Besitzerin macht mir einen Kebab. Da ich ein dringendes Bedürfnis habe, frage ich nach dem WC. Ein solches haben sie nicht. Ich solle nebenan fragen. Das mache ich und die Wirtin nebenan ist sichtlich erzürnt über mein Anliegen und sagt strikte nein. Ich muss mein Geschäft im Feld verrichten. Hoffentlich vermodert das Papier. Als ich nach Tatev abbiege, ist mir schon klar, dass Uebles auf mich zukommt. Die Zufahrtstrasse zur Ortschaft Halidzor ist armenisch repariert worden und nunmehr nur noch eine Schotter- und Schlammstrecke. Im Regen doppelt lustig. Das ist eine Hauptverkehrsstrecke des Landes! Ich holpere also viele Kilometer auf diesem Bachbett, bis wieder ein wenig Schlaglochteer kommt, der aber gleich wieder aufhört. Unsäglich, dies ist sogar die Zufahrt zur Luftseilbahn, einer der Hauptattraktionen des Landes! Nach Halidzor wechseln sich Teer und Holperpiste ab. Es geht steil nach unten, mit vielen Spitzkehren. Dann geht es wieder gleich nach oben. Ich bin froh, als ich im Kloster ankomme. Das Kloster hängt zwar in den Nebelwolken, aber es hat damit eine ganz eigene Anziehung. Im Kloster drin ist alles Superlative. Eine riesige, mit Teppichen ausgelegte Kirche (in der gerade ein Gottesdienst stattfindet), das Grab von St. Grigor Tatevasi in einem Seitengebäude (von aussen fein verziert), dann riesige Säle, wie Refektorium, Küche, zwei weitere grosse Säle. Gegen das Tal zu hat es zahlreiche Räume, deren Bedeutung sich nicht mehr erschliesst. Eine Aussicht hat man heute nicht, die Sichtweite beträgt praktisch Null. Ich fahre wieder zurück, was mir leichter erscheint, da ich jetzt die schwierigen Stellen bereits kenne. Im Tal unten halte ich und besuche die „Teufelsbrücke“, das ist eigentlich eine Tropfsteinhöhle, in der der Fluss durchgeht, und von der noch ein kleines Stück Decke erhalten geblieben ist. Die Stalaktiten sind aber längst abgebrochen, so dass nur noch die Basen übrig sind. Leider hat es dermassen viel Vegetation, dass man wenig von dieser tiefen Schlucht sieht. Ich fahre auf der anderen Talseite hinauf nach Halidzor und quäle mich wieder durch das endlose Bachbett, es dürften zirka zehn Kilometer sein, bis zur Hauptstrasse. Der Regen hat nachgelassen, doch das Nieseln bleibt, der Nebel wird immer dichter, bis die Sichtweite fünf bis zehn Meter beträgt. Niemand schaltet das Licht ein, so dass man die Autos weder hinter noch vor einem sieht. Vor dem Vorotan Pass bin ich plötzlich aus dem Nebel heraus. Links von mir das verlassene Bergwerk. Auf dem Vorotan Pass scheint schon wieder die Sonne. Jetzt lasse ich es sausen, so dass ich kurz nach fünf Uhr wieder in Yeghegnadzor bin, wo ich noch Käse und Brot für das Nachtessen einkaufe. Die Zimmerwirtin berichtet mir, dass ein gestriger Gast nicht bezahlt habe und sie mit elektronischer Kommunikation nichts am Hut habe. Ich versuche es mit einem Email an booking.com. Die sollten eigentlich die Zahlung garantieren.

Kloster Tatev, Armenien