Die Zimmerwirtin erlaubt mir, das Gepäck bis zum Abend zu lagern. Somit ist mein grösstes Problem von heute gelöst. Ich laufe in die Altstadt, laufe die Stadtmauer ab, gelange zum Lungomare Imperatore Augusto und zum archäologischen Museum Santa Scholastica, das sich in einem ehemaligen Kloster befindet. Die Ausstellung ist hervorragend gemacht, es unzählige perfekt erhaltene griechische Krater und Rhytons, allesamt Grabbeigaben. Im Kellergewölbe hat es Ausgrabungen, die ältere Strukturen zum Vorschein gebracht haben. Mein nächster Halt ist beim Castello Svevo. Das hohe Eintrittsgeld ist nicht ganz gerechtfertigt, denn es gibt wenig zu sehen. Auch hier sind Ausgrabungen gemacht worden und es gibt auch ein archäologisches Museum, das vor Allem Lapidarien ausstellt. Eine Gasse der Altstadt ist für die Produzenten von handwerklichen Teigwaren reserviert. Diese werden in allen möglichen Farben dargeboten. Für das Mittagessen gehe ich in ein kleines Restaurant in der Altstadt, doch es schmeckt nicht wirklich und die Portionen sind klein. Ich hätte gerne nachgesalzen, aber der Salzstreuer ist feucht geworden und es kommt nichts raus. Auf der Touristeninformation lasse ich mich beraten, wie ich den Nachmittag verbringen soll. Sie empfehlen mir die Pinakothek. Am Teatro Margherita laufe ich zur Pinacoteca Corrado Giaquinto. In der Eingangshalle steht die nicht ganz politisch korrekte Skulptur „Islam“ (1998) von Franco Dellerbe. Der grösste Teil der Sammlung besteht aus zweitklassiger Sakralkunst. Zu den Lichtblicken gehören Werke von Il Veronese, Il Tintoretto, Luca Giordano. Erwähnenswert sind die hervorragenden Plastiken von Filippo Cifariello. In einem besonderen Raum ist das Gemälde von Giovanni Bellini, St. Peter der Märtyrer, ausgestellt. Eine Sonderausstellung heisst „Il dono dell’arte“ (das Geschenk der Kunst), Schenkungen, Käufe, Restaurierungen 2004-2025. Ein Wandteppich aus der Werkstatt von Pieter Wouters, die Einführung von Eucharist, ist nicht gewoben, sondern gemalt. Es hat zahlreiche Figuren aus neapolitanischen Weihnachtskrippen, in allen Massstäben, aber nicht zusammengehörend. Gefallen hat mir der Teil mit Kunst den 19. Jahrhunderts, insbesondere Francesco Netti, Im Assisengericht (1882) und die unglaublich echt wirkende Skulptur von Raffaele Bellazzi, die Rast (1875). Bei der Kunst des 20. Jahrhunderts ist ein weniger gutes Bild von Giorgio de Chirico zu erwähnen. Ich laufe zurück ins Stadtzentrum, erkunde die Prachtstrasse Via Sparano da Bari mit vielen teuren Läden, komme an der aussen modernen, innen eher barocken Chiesa di San Fernando vorbei und gelange zum Hauptbahnhof, wo es im Park ein Reiterdenkmal für Vittorio Emanuele II hat. Im Park, inmitten von afrikanischen Flüchtlingen, lese ich etwas. Dann laufe ich zügig zurück zu meiner Unterkunft. Auf dem Weg will ich noch Wasser kaufen, doch vor mir hat eine Frau einen Wocheneinkauf gemacht und nimmt sich jetzt extrem viel Zeit, die Artikel einzeln auf das Band zu legen. So verliere ich 10 Minuten und es wird etwas knapp. Glücklicherweise kommt mein Vermieter bald und gibt mir mein Gepäck, das ich blitzartig auflade und in italienischer Manier fahre ich zum Hafen. Hier habe ich nochmals Glück, denn ich muss nicht lange warten, bis ich mein Ticket ausfassen kann. Doch blöderweise reisst ein Flick meines Rucksackes. Hoffentlich hält er durch. Nach rund zwei Kilometern Fahrt komme ich zum Schiff, wo ich sofort einfahren kann. Es ist wahnsinnig eng, hinter mir ist eine Gruppe von Spaniern eingefahren und wir schaffen es fast nicht mehr, zwischen den Motorrädern und den Sattelschlepper zum Treppenaufgang zu gelangen. Glücklicherweise hat es einen Lift, mit dem ich meine extrem schwere Tasche auf das Deck 5 hieven kann. Nachdem ich den Schlüssel ausgefasst habe, kann ich meine Einzelkabine, d.h. eine Viererkabine zum Einzelgebrauch, beziehen. Auf dem Restaurantdeck treffe ich die Spanier wieder und wir plaudern lange.















