Am Morgen mache ich noch ein paar Buchungen auf Booking.com. Auf einmal stellt der Computer ab und ist nicht mehr zu starten. Ich male mir schon das Schlimmste aus. Wenn er kaputt wäre, müsste ich die Reise abbrechen. Ohne PC macht das alles keinen Sinn. So überprüfe ich die Stromzufuhr und tatsächlich, die lotterige Steckdose hat Wackelkontakt und der Computer lief seit gestern Abend auf Batterie, bis sie völlig leer war. Ich habe es nur nicht bemerkt. Erleichtert gehe ich in die Stadt. In der Kathedrale halten sie gerade einen Gottesdienst ab: Einer zelebriert, einer steht ihm zur Seite (der orthodoxe Gabbai…) und einer steht kaum sichtbar in einer Ausbuchtung auf der Seite und liest pausenlos ab. Der Zelebrant muss auch mal mit dem Weihrauchfass rund ums Pult laufen und es schütteln, so dass die Glöcklein klingeln. Ich laufe nun zum Bahnhof, dann zur Marina, wo gerade die Fähre zur Anastasia-Insel abgefahren ist. Ansonsten ist hier gar nichts los. Es liegen nur die drei Schiffe der Hafenverwaltung am Pier. Vis-a-vis liegt ein Frachtschiff. Das ist alles. Ich laufe zum Meeresgarten und gelange auf das lange Pier dort. Es hat am Ende eine Aussichtsplattform, die ich besteige. Danach laufe ich Richtung Atanasovosko See, kaufe mir aber auf dem Weg noch eine Art Doppel-Hamburger und eine Flasche Wasser. Den Atanasovsko See kann man aber nirgends sehen, das ganze Ufer ist mit Wald bedeckt und nirgends gibt es eine lichte Stelle oder einen Weg an das Wasser. Als ich auf die Uhr schaue, ist es bereits viel zu spät um in die Stadt zurückzukehren, so laufe ich weiter, um den 15er Bus zum Flughafen zu erreichen. Was auf dem Navi kurz aussieht, wird zu einer recht langen Wanderung entlang einer vielbefahrenen Strasse. Als ich an die Busstation komme, muss ich nicht lange warten, und der Bus kommt. Hier haben die Busse noch Schaffnerinnen, so dass ich das Billett im Bus drinnen kaufen kann! Der Flughafen ist rasch erreicht. Dort besuche ich das Aviomuseum, das voller sowjetischer Flugzeuge ist. Das eindrucksvollste dürfte die Antonov AN-12, ein Grossraumtransporter mit für die damalige Zeit beeindruckenden Flugleistungen, sein. Im Frachtraum befindet sich ein Museum, das gegen das Cockpit zu etwas unheimlich wirkt, was wohl die Absicht ist. Danach das Arbeitspferd unter den Flugzeugen, die AN-2, von der bis heute noch viele im Einsatz sind, bei der ich auch ins Cockpit sitzen kann, ein MI-2 Helikopter und ein Kamov KA-26 Gyrokopter, eine Antonov AN-14, eine elegante Antonov AN-24 (kleines Passagierflugzeug), ein Kampfjet MIG-21 PFM, bei dem ich ins Cockpit steigen darf, ein Verkehrsflugzeug Tupolew TU-154, eine etwas ältere MIG-17F, bei der ich wieder ins Cockpit steigen darf, sowie ein eleganter Kampfjet Aero L-29 Delfin. Danach nehme ich den Bus zurück und treffe einen in Manchester lebenden Bulgaren, der den gleichen Weg hat. Wir plaudern über das Eine und das Andere und sind uns einig, dass die Einführung des Euro Bulgarien stark verteuern wird. Als sich der Bus endlich zurück gekämpft hat, laufe ich zur Touristeninformation und erkundige mich nach der Fähre zur Insel St. Anastasia. Die Reservation wird dort vorgenommen und ich werde im Laufschritt zurück zum Magazin 1 auf der Marina geschickt, denn das Billett muss in einer Viertelstunde abgeholt werden. Zum Wasser kaufen reicht mir die Zeit leider nicht mehr. Die Fahrt dauert 30 Minuten. Die Insel ist winzig klein, Leuchtturm und Haus dazu sind militärisches Sperrgebiet, das Kloster gleicht einer Baracke und birgt heute das Museum und die Kirche ist ein niedriges Gebäude ohne Glockenturm. Rund um die Kirche herum stehen die Tische des Restaurants. Ich besuche das Museum, das eigentlich ganz gut gemacht ist, es gibt eine realistische Darstellung eines Piratenschatzes, sowjetische Filme bezüglich der Zeit der Insel als Gefängnis für Kommunisten, eine sehr eindrückliche Virtual Reality 3D-Animation, welche aus den Daten der Unterwasserforschung gewonnen wurde. Erstaunlicherweise gibt es an dieser Küste richtige Schiffsfriedhöfe. Das Meer kann hier trügerisch sein. Im Mittelalter soll die Insel wieder einmal überfallen worden sein, danach aber die Flotte der Täter mit Mann und Maus untergegangen. Ich besichtige im Vorraum der Kirche die Ausstellung des Burgasser Ikonenmalers Toshko Vachev und die Kirche, welche ganz offensichtlich nicht mehr in Betrieb ist. Es geht nur noch um den Erhalt der wertvollen Ikonostasis. Die restliche Zeit verbringe ich im Restaurant bei Bohnensuppe und Wasser. Mit der Fähre geht es zurück nach Burgas, wo ich auf dem Heimweg nochmals eine sündhaft gute Pljeskavica esse. So wird es fast neun Uhr abends, bis ich zurück in mein Zimmer komme. Die Temperatur der Dusche lässt sich kaum einstellen, kalt und heiss sind nur Millimeter voneinander entfernt, so dass ich mir mit dem siedendheissen Wasser, das plötzlich kommt, die Zehen verbrenne.



















