18.07.2025 Timiȿoara

Die Sonne scheint wieder. Ich laufe die etwas mehr als drei Kilometer ins Zentrum und gelange zur Piata Unirii. Von hier laufe ich zur Theresienbastion, wo ich im Tourist Office einen Stadtplan mit den Sehenswürdigkeiten hole. Ich besuche die Serbisch-Orthodoxe Kathedrale – wie immer gestossen voll – gelange zur Piata Libertatii, laufe die mit Regenschirmen geschmückte Strada Alba Iulia hinunter und kaufe ein paar wenige serbische Dinar für morgen. Ich gelange zur Piata Victoriei. Der Kulturpalast (Oper und Theater) könnte in Mussolinis Zeit gebaut worden sein, er hat die Heftigkeit des italienischen Faschismus. Weiter unten hat es eine Statue mit der „Lupa Capitolina“, ein Geschenk der Stadt Rom, dann einen Springbrunnen und dahinter sieht man von weitem die Catedrala Metropolitana Ortodoxa. Ich besuche diese Kirche und auch hier findet ein Gottesdienst statt. Der Platz ist gesäumt von schönen Jugendstilhäusern, so wie die Städte in Rumänien generell viele Jugendstilbauten aufweisen. Ich gelange zum Schloss Hunyadi, das in einem Zustand des fortgeschrittenen Zerfalls ist und mit wenig Enthusiasmus renoviert wird. Zurück zur Piata Libertatii, dann hinunter zum Parcul Scudier, einem schönen Park mit einem Denkmal für die gefallenen Soldaten, das jetzt auf den Kampf gegen Faschismus und des Bolschewismus und für die Freiheit und Unabhängigkeit umgewidmet wurde. Gegenüber steht die Kirche der Erhöhung des Heiligen Kreuzes. Ich laufe durch den Parcul Catedralei und den wenig attraktiven Parcul Justitiei. Gerne hätte ich das Wissenschaftsmuseum besucht, weil dort der erste in Rumänien gefertigte Computer stehen soll, aber es ist nur für Gruppen offen, wie mir der Türsteher erklärt. Auf dem Bega-Fluss hat es schwimmende Restaurants und Ausflugsschiffe. Ich sehe aber keines in Fahrt. Nun gelange ich zum Parcul Rozelor, dem Rosengarten, wobei die Rosen sämtliche verblüht sind und er so einen etwas trostlosen Eindruck macht. In der Mitte hat es noch eine Bühne für Freiluftvorstellungen. Durch den Parcul Brateanu gelange ich zum Parcul Civic, wobei vom dortigen Nationaltheater nur noch ein paar Aussenmauern stehen gelassen wurden und drinnen ein Stahlgerüst für eine viel grössere Baute errichtet wird. So gelange ich zur Piata Sf. Gheorghe, wo man offenbar Fundamente und Bögen von möglicherweise römischen Bauten freigelegt hat. Darüber thront eine moderne St. Georgsstatue. Mein nächster Besuch gilt der Synagoge, die enorm mächtig ist, über 700 Sitzplätze hat und offenbar wieder in Betrieb genommen wurde. Etwas weiter oben befindet sich das schön renovierte Militärhospital. Ich gelange zum etwas verwilderten und kaum mehr unterhaltenen Botanischen Park. Schade, hier hätte ich Blumenbeete und exotische Pflanzen erwartet. Das Revolutionsmuseum wird von zahlreichen Bildhauerarbeiten umgeben. Im Gelände steht ein Segment der Berliner Mauer,  ein Märtyrerbrunnen und eine Stele. Das Museum besuche ich nicht – wenn ich die rumänische Revolution in Wikipedia nachlese, habe ich wesentlich mehr davon. In einem Laden, wo alles nur fünf Lei kostet, kaufe ich ein zusätzliches T-Shirt, da die mitgenommenen eher für kalte Gegenden praktisch sind. Ich laufe zurück zur Piata Unirii, dann zum Markt, wo ich in einer Art Kantine ein „Menu Zilei“, ein anständiges Mittagessen für ganz wenig Geld kriege: Gemüsesuppe, Spinat, zwei Spiegeleier, drei kleine Würstchen. Unweit davon ist die Festungsschleuse, das ist eine Vorrichtung, mit der man den Wasserstand im Wassergraben rund um die Stadtmauer reguliert hat. Beim Zurücklaufen fallen mir eine moderne Eva-Statue und offenbar vom gleichen Bildhauer eine Superman-Statue auf. Nun besuche ich das Muzeul de Arta (Kunstmuseum). Es beginnt im Untergrund mit der Gallerie der Sinne, wo ein Wein-Regenbogen (verschiedenfarbige Weine) und Flaschen mit den Geruchsbestandteilen von Weinen, ausgestellt sind. An den Flaschen darf man riechen und erraten, was für Gerüche es sind. Die Ausstellung im Parterre zeigt moderne Kunst, z.B. Romul Nutiu, Univers dinamic (1974), oder das figurative Selbstbildnis von Octav Angheluta. Danach steige ich in das Gewölbe im Untergeschoss hinunter, alles aus Backstein und nicht beleuchtet, aber schön eingerichtet mit Sesseln und Tischen. Im ersten Stock besuche ich die Ausstellung. Beeindruckt hat mich das Kunstlager, auf das man durch eine Scheibe einen Blick werfen kann. Wenig anfangen konnte ich mit der Paul Neagu Gallerie, welche die moderne Kunst von Grupul 111 und Grupul Sigma 1 zeigt. Ebenfalls nicht mein Stil war die Ausstellung von Virginia Baz Baroiu, Himmel, Erde und das Wort, wobei die Bilder durchaus dekorativ sind. Meine Zimmerwirtin ruft mich an und fragt mich, ob es mir gut gehe. Sie hat mich so früh am Morgen nicht herausgehen sehen und denkt, dass ich krank im Bett liege. Schön finde ich die periodengerecht eingerichteten Zimmer. Durch eine Glasscheibe kann man auf die Restaurationswerkstatt blicken, leider ist im Moment niemand am Arbeiten. Ausgezeichnete Exponate hat es in der Sammlung Ormos Zsigmond europäischer Kunst des 15.-18. Jahrhunderts. Als ich aus dem Museum herauskomme, ist der Himmel von Gewitterwolken überdeckt. Ein Herr spricht mich an und erzählt mir eine wirre Geschichte von Bedrohung durch den Staat. Es ist dunkel und es tröpfelt, deshalb eile ich zurück in meine Unterkunft. Beim Heimlaufen komme ich an einigen verlassenen Villen vorbei.